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1. Mittelalter - S. 52

1879 - Dillenburg : Seel
— 52 — 8. Die Krtumge. a. Die Kirche und ihre Machtstellung. In den vielfach wilden und gesetzlosen Zeiten des Mittelalters bildete die Kirche eine Macht, welche oft einen heilsamen Einfluß auf die Gemüther ausübte. Alle Formen und Einrichtungen des öffentlichen und privaten Lebens unterlagen diesem Einflüsse; Hohe und Niedere beugte sich vor der Macht der Kirche und ihrer Diener. Die Kirche legte ihren Gliedern für begangene Sünden Strafen auf, welche in Wallfahrten, Geißelungen, Fasten n. dergl. bestanden; Für- ; sten und reiche Leute mußten zur Buße Kirchen und Klöster stiften oder mit irdischem Besitz, Geld oder liegenden Gütern, beschenken. Derjenige, welcher sich ihren Vorschriften widersetzte, die auferlegten Bußen nicht leistete oder fortfuhr, den kirchlichen Satzungen zuwider zu handeln, wurde mit dem Banne belegt; er durste keine Kirche besuchen und an keinem Sacramente theil- : nehmen, war also von den Segnungen der Kirche ausgeschlossen, j Noch härter war die Strafe des Interdikts, wodurch ganze Dörfer und Städte, oft sogar ganze Länder betroffen wurden; in solchen Orten hörte aller Gottesdienst aus, kein Geistlicher ge- ] leitete die Todten zu Grabe; keine Dause wurde vorgenommen und keine Ehe gesegnet; die Kirchen waren geschlossen, und den Sterbenden fehlte der Trost des heiligen Abendmahles. Selten ertrug das Volk die Schrecken dieser kirchlichen Strafen lange; ; meist folgte sehr bald die Unterwerfung. — Das Volk wurde zu aller Zeit und an allen Orten an die Kirche und ihre Forderungen erinnert: durch die Kreuze und Marterbilder an den Straßen, 1 durch die vielen Kirchen und Kapellen in und außer den bewohnten Orten,. durch die zu bestimmten Stunden ertönende Betglocke, dnrch den Gesang bei dem Meßopfer und bei Prozessionen und durch eine Menge von kirchlichen Festen. Der durch Geschenke und Stiftungen sich stets mehrende Reichthum muckste es der Kirche möglich, durch Wohlthaten an Armen, Verfolgten und Verlassenen ihr Ansehen und ihre Macht noch mehr zu erweitern; anderntheils ist gerade der Reichthum mit seinen Versuchungen zu schwelgerischem ; und ungeistlichem Leben eine Klippe geworden, an der später die Allgewalt der Kirche scheiterte. b. Veranlassung zu den Krenzzngen. Schon seit dem vierten Jahrhundert war es Sitte geworden, zur Abbüßung eines ftind- . haften Lebens oder eines besonderen Verbrechens, wohl auch, um

2. Mittelalter - S. 22

1879 - Dillenburg : Seel
— 22 — er in Aachen, feiner Lieblingsresidenz, einen herrlichen Palast und eine große Hauptkirche errichten, in Ingelheim auch einen Palast. Auf feinen Befehl wurde ein großer Leuchtthurm bei Boulogne*) und bei Mainz eine Rheinbrücke und eine Schwimmanstalt erbaut, in welch letzterer er mit feinen Söhnen und Freunden sich oft tummelte. — Den Ackerbau und die Landwirthschaft hob er durch Anlegung von Musterwirthfchaften auf feinen Höfen, wo er alles selbst aufs Genaueste überwachte, überall selbst nachsah und ausführliche Vorschriften über die Art und Weise der Herstellung von landwirtschaftlichen Producten gab. Ueberall mußte die peinlichste Ordnung und Sauberkeit herrschen; feine Gutsverwalter mußten alle Jahre ein Verzeichnis des auf dem Gute vorhandenen Mobiliars vorlegen, Rechnung stellen und das ersparte Geld abliefern; in der Rechnungsablage soll er so genau gewesen fein, daß er sogar die Eintragung eines jeden Eies, welches verkauft wurde, verlangte. Karl war dem Christenthum mit ganzer Seele ergeben und hatte hohe Ehrfurcht vor dem Worte Gottes. Wie schon oben erwähnt, besuchte er täglich mehrmals den Gottesdienst. Er sorgte, daß die Gemeinden gute Bischöfe und Geistliche bekamen. Da die Geistlichen damals oft verweltlicht waren, so unterstellte er sie strenger Aussicht und verbot ihnen das 'Tragen von Wassert, den Besuch von Schauspiel- und Wirthshäusern und die Jagd, den an die Bischöfe und Geistlichen zu zahlenden Zehnten trieb er mit großer Strenge ein; er selbst gab gern und viel an Kirchen und Klöster und machte den Mönchen zur Pflicht, neben ihren frommen Uebungen die Kranken zu pflegen, Knaben und Jünglinge zu unterrichten, Felder urbar zu machen u. f. w. Mit besonderer Sorgfalt ließ er sich die Verb eff erung des Kirchen» gefanges angelegen fein. Zn diesem Zwecke ließ er Orgeln und Sänger aus Italien kommen und ließ seine Franken in besonderen Singschulen zu Metz und Soissons im Gesang unterrichten. Die Franken scheinen aber keine besondere Befähigung zum Gesang gehabt, wenigstens schlechte Fortschritte in demselben gemacht zu haben, denn die italienischen Gesanglehrer verglichen ihren Gesang mit dem Geräusch eines Lastwagens, der über einen Knüppeldamm fährt, und mit dem Geheul wilder Thiere. Um die heilige Schrift dem Volke zugänglich zu machen, ließ er einen Theil derselben ins Deutsche übersetzen und eine Sammlung von *) spr. Bulonj.

3. Mittelalter - S. 23

1879 - Dillenburg : Seel
— 23 — Predigten und Betrachtungen veranstalten, aus welcher nach der Verlesung des Textes vorgelesen wurde (daher solche Sammlungen auch den Namen „Postille" führen, vom lat. post illa, d. i. nach jenen, uemlich Textworten). Zur Hebung der geistigen Bildung legte er überall in seinem Lande, in Städten und besonders an Klöstern, Schulen an und besahl, daß alle seine Diener ihre Söhne in dieselben schicken sollten. Religion, Lesen und Schreiben waren die Unterrichtsgegenstände. Wo er tüchtige, kenntnisreiche Männer gewinnen konnte, da zog er sie an seinen Hos und an seine Schulen. So lernte er in Italien einen tüchtigen Gelehrten, den Angelsachsen Alkuin, kennen und bot nun alles aus, ihn an seinen Hof zu bekommen, und als Alkuin endlich dem Rufe Karl's folgte, behandelte er ihn stets mit hoher Auszeichnung, nannte ihn seinen „in Christo geliebten Lehrer," schenkte ihm die Einnahmen mehrerer Klöster und machte ihn zum Lehrer der eignen Kinder. Unter Alkuins Aufsicht hob sich das Schulwesen bedeutend; er selbst gründete die Klosterschule zu Tours, die nachmals zum Vorbild vieler Klosterschulen geworden ist Die nach dem Vorbilde von Tours in Deutschland errichteten Schulen befanden sich in Trier, Paderborn, Osnabrück und Fulda; alle diese Schulen haben aus lange Zeit hin eine außerordentlich segensreiche Wirksamkeit und nicht blos auf ihre nächste Umgebung ausgeübt. In diesen höheren Schulen wurden außer der Theologie die sieben freien Künste getrieben: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik. Für die Söhne feiner höchsten Beamten und Hofdiener unterhielt er an feinem Hofe eine besondere Schule, schola palatina; biefe befand sich immer da, wo sich der Hos befand. In diese Hofschule ging Karl oft, um sich von den Fortschritten der Schüler zu überzeugen; er stellte selbst Fragen, lobte die Fleißigen und tadelte die Trägen. Bei einer solchen Prüfung fand er einst, daß die Faulen und Unwissenden meistens Söhne vornehmer Eltern, die Fleißigen dagegen meist arme Kinder waren. Da wandte er sich zu den Fleißigen und sprach: „Ich freue mich, daß ihr so gut einschlagt; fahrt nur so fort, so soll euch mein Lohn nicht fehlen!" Und zu den andern gewendet, sagte er: „Ihr aber, ihr feinen Herrchen und Püppchen, die ihr euch wohl zu fein und vornehm dünkt, etwas zu lernen; ich gebe nichts auf euren Adel und euer seines Gesicht; ihr habt von mir nichts Gutes zu erwarten, wenn ihr eure Trägheit nicht durch Eifer und Fleiß wieder gut macht." (vergl. auch das Gedicht: ,,Wie Kaiser Karl Schulvisitation hielt" v. K. Gerock.)

4. Mittelalter - S. 108

1879 - Dillenburg : Seel
— 108 — auch von den Fürsten vernachlässigt und von ihren Hösen verstoßen. Die Gelehrten dienten ihrer trockenen Gelehrsamkeit und dem Weiu, der höhere Bürgerstand fand seine höchste Befriedigung im Frohnen der Genußsucht und der Prachtliebe; der Bauernstand war physisch und geistig gedrückt: wo anders sollte da die Poesie noch eine Zuflucht finden, als bei dem echt deutschen, kernigen mittleren Bürgerstand? Ehrbare Meister desselben Handwerks oder auch verschiedener Gewerbe traten zusammen und bildeten gleichsam einen Verein mit dem ausgesprochenen Zwecke, den timt den andern Ständen vernachlässigten Künsten, der Poesie und dem Gesänge, eine Heimstätte zu bieten. Eine solche Vereinigung von Meistern nannte man eine Sing schule, und die Art ihres Gesanges hat den Namen „Meistergesang" erhalten. Wann diese Singschuleu entstanden sind, ist ungewiß; nur so viel weiß man mit Sicherheit, daß sie in der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts schon bestanden. Sie haben die Stürme des dreißigjährigen Krieges überdauert und sich sogar bis in unser Jahrhundert hinein erhalten. Die letzte Singschule bestand in Ulm, wo sich 1830 noch zwölf, 1839 noch vier Meister befanden. In letzterem Jahre schlossen die übrig gebliebenen Meister den Meistergesang feierlich und übergaben ihre Kleinodien, ihre Tabulatur 2c. dem iilrner Liederkranz. Meistens waren es süddeutsche Städte, wo sich Singschuleu befanden, z. B. Augsburg, Nürnberg, Ulm, Straßburg u. a. b. Einrichtung der Singschulen. An der Spitze einer jeden Singschule stand ein Vorstand, bestehend aus dem Kron-meister, dem Merkmeister, dem Schlüsselmeister (Verwalter) und dem Büchsenmeister (Kassirer). Neben dem Merkmeister standen die Merker, d. h. die Kritiker, die Richter, welche auf den Gesang genau zu merken hatten, die Fehler aufzeichneten und nach Beendigung desselben das Urtheil sprachen. Die Mitglieder der Singschule waren 1) die M eist er, d. H. diejenigen, welche neue Gedichte und neue Töne (d. H. neue Singweisen) erfinden konnten und diese in künstlicher Weise vortrugen; 2) die Singer und Dichter, d. i. diejenigen, welche fremde, berühmte Töne in Dichtung oder Gesang nachahmten, und 3) die Schulfreunde und Schüler, welche die Gedichte und Töne der Meister zu ihrer eignen Uebung hören ließen. — Wenn die Glieder einer Singschule an den Wochentagen abends ihr Handwerkszeug bei Seite gelegt hatten, so begaben sie sich in ihr Kämmerlein, nm neue Weisen zu er-

5. Neue und neueste Geschichte - S. 30

1880 - Dillenburg : Seel
30 d. Tod Karls V. Nach so vielen getäuschten Hoffnungen und nach so vielen für ihn schmerzlichen Erfahrungen trug Karl V. feine Lust mehr, die Bürde der Regierung noch länger Zu tragen. 1556 Er übergab 1556 die Regierung seinem Bruder Ferdinand und zog sich in das Kloster St. Just in Spanien zurück. Dort soll er sich viel mit Uhrmacherei beschäftigt und versucht haben, den Gang zweier Uhren in Uebereinstimmung zu bringen, und als ihm dies nicht gelang, soll er ausgerufen haben: „Ich Thor wollte einst die ganze Welt unter einen Glauben bringen und kann jetzt nicht einmal zwei Uhren auf einen Gang bringen!" Er starb 1558. 3. pie iuforuttttian in Frankreich und in England. a. Ende des Concils; Stiftung des Jesuitenordens. Weil das Concil zu Trient von den Protestanten nicht beschickt worden war, so war von vornherein eine Einigung zwischen diesen und den katholischen Ständen ausgeschlossen; das Concil dauerte noch bis zum Jahre 1563; in seinen Beschlüssen erblicken die Katholiken die Verbesserung ihrer kirchlichen Zustände; durch die jebem Glaubensartikel angehängte Verdammungsformel wurde jedoch die Kirchentrenmmg für immer befestigt. Schon oben ist bemerkt, daß verschiedene Auswüchse des Protestantismus diesem gar sehr zum Nachtheil gereichten. Noch mehr that dies die zwischen den bentschen und den schweizerischen Protestanten herrschenbe Uneinigkeit, welche noch vor Melanchthons Tode in offenen Haß ausartete. Würbe so aus dem Schoße der evangelischen Kirche ihrer eignen Verbreitung entgegengearbeitet, so ließ es auch die katholische Kirche an der Bekämpfung der ihr feinblichen Elemente nicht fehlen. Noch zu Lebzeiten Luthers würde in der katholischen Kirche ein Orden gegriinbet, der eine Gegenmacht gegen die über Deutschlands Grenzen sich verbreitere lutherische Lehre sein sollte: der Jesuitenorden. Der Stifter desselben war Ignaz Loyola. Derselbe hatte sich anfangs der kriegerischen Laufbahn gewidmet; in Folge einer Verwundung wurde er zum Kriegsdienste untauglich. Während der sehr langsamen Heilung seiner Wunde hatte er die Lebensgeschichte Jesu und der Heiligen gelesen und entschloß sich nun, der Welt zu entsagen und sich dem geistlichen Leben zu widmen. In Paris verband er sich mit mehreren gleichgesinnten Freunden, das Leben der Bekehrung der Ungläubigen in dem heiligen Lande zu widmen. Da aber ein Krieg die Abreise nach Palästina verhinderte, so

6. Neue und neueste Geschichte - S. 15

1880 - Dillenburg : Seel
sich öffentlich für die Reformation nach der Lehre Luthers; der Gottesdienst wurde umgeändert, die Messe abgeschafft; die Geistlichen erhielten die Erlaubnis, zu heirathen (Luther selbst ver-heirathete sich mit einer früheren Nonne, Katharine von Bora): von den sieben Sakramenten behielt man nur zwei, die Taufe und das Abendmahl, bei. Ebenso geschah es in Hessen unter Philipp dem Großmüthigen. Markgraf Albrecht von Brandenburg, welcher zugleich Hochmeister des deutschen Ordens war, verzichtete auf seine geistliche Stellung, trat zur lutherischen Lehre über und verwandelte mit Zustimmung der Ordensstände das Ordensland Preußen in ein weltliches, erbliches Herzogthum, welches er von Polen zu Lehen nahm. Nach und nach traten der Reformation bei die Herzöge von Braunschweig, der Herzog von Mecklenburg, der Fürst von Anhalt, die Grafen von Mansfeld und die Stadt Magdeburg. Um das durch die bisherigen Kämpfe Errungene zu sichern, schlug Landgraf Philipp von Hessen ein Schutz- und Trutzbündnis unter den evangelischen Ständen vor; Luther und Melanchthon aber widerrietheu aufs dringendste die Anwendung äußerer Ge-walt. Als aber die katholischen Fürsten ans Schreck über den schnellen Fortgang der Reformation zusammentraten und über Gegenmittel beriethen, da gingen die evangelischen Fürsten auf Philipps Vorschlag ein und schlossen 1526 das Bündnis zu 1526 Torgau. In Folge dessen konnten die evangelischen Fürsten auf dem noch in demselben Jahre abgehaltenen Reichstag zu Sp ei er so nachdrücklich auftreten, daß ein ihnen günstiger Reichs-tags-Abschied erzielt wurde, durch welchen es jedem Reichsfürsten anheimgestellt wurde, „so zu leben, zu regieren und es zu halten, wie er es gegen Gott und kaiserliche Majestät zu verantworten sich getraue;" ein freies Concil sollte die kirchlichen Angelegen-Jyetten schlichten. Nun führten die evangelischen Fürsten die Reformation vollständig ein: das Klosterwesen wurde allenthalben aufgehoben, die Bibel in der Volkssprache verbreitet, der Gottesdienst in der Landessprache gehalten; vor allem verwendete man Sorgfalt ans den Unterricht des Volks und der Jugend. Zur Stutze des letzteren schrieb Luther seine beiden Katechismen, den großen für die Priester, den kleinen für das Volk, be-'vuders für die Jugend. Die Katechismen Luthers haben äußerer ^ 3ur Ausbreitung der neuen Lehre beigetragen. Auch die Kirchenlieder, welche Luther und feine Freunde zum Gebrauche in Kirche, Schule und Haus dichteten und zum

7. Neue und neueste Geschichte - S. 86

1880 - Dillenburg : Seel
— 86 — besitz an, gewährte ihnen die Rechte und Vortheile der andern Kolonisten und gab ihnen Geld zur Weiterreise. Die Zahl der Einwanderer mehrte sich bis aus 15 Ooo. Auch Kirchen und Schulen wurden ihnen errichtet, und der König that alles, um ihnen ihre nette Heimat lieb zu machen. Die Städte suchte der König auf alle Weise zu heben; wer eine wüst liegende Baustelle bebaute, erhielt freies Bauholz, ein Viertel der Baukosten und Erlaß aller Lasten auf sechs bis acht Jahre. In Berlin zwang er reiche Leute zum Bauen; „der Kerl hat Geld, muß bauen," war sein Wort, das keinen Einwand mehr duldete. Wohl hat er dadurch die Städte und besonders Berlin vergrößert und verschönert, aber sein Befehl war in vielen Fällen eine Härte und hat manche wohlhabende Familie arm gemacht. Große Sorgfalt widmete der König auch den Gewerben; er bedauerte oft, daß so viel Geld außer Landes ginge. Um das Geld dem Lande zu erhalten, ordnete er an, daß alle Bekleidungsstücke aus einheimischer Waare gefertigt würden; er errichtete in Berlin eine große Weberei, an welche alle inländische Wolle verkauft werden mußte; auch die Bürger wurden angehalten, nur inländische Stoffe zu tragen, und da Friedrich Wilhelm die Mittel kannte, sich Gehorsam zu verschaffen, so dachte bald niemand mehr an ausländische Waaren, lim aber auch die Bürger gegen schlechte Waaren zu schützen, erließ er strenge Vorschriften über die Fabrikation und ließ dieselbe streng überwachen. Auch die Rechtspflege erfuhr die Sorgfalt und Fürsorge des Königs; er verbot die Hexenprozesse, urtheilte selbst sehr streng; die Urtheile der Gerichte milderte er nie, er verschärfte sie oft; persönliche Rücksichten kannte er nicht. Zur Beschleunigung der Prozesse erließ er manche Vorschriften. 6. Sorge für Religion und Bildung. Friedrich Wilhelm war von einer aufrichtigen Frömmigkeit beseelt; feiner Kirche war er mit ganzer Seele ergeben. Er besuchte den Gottesdienst fleißig und hielt darauf, daß es auch von feinen Familiengliedern und den Beamten geschah; den Geistlichen empfahl er die Hinwirkung auf eilt wahres thätiges Christenthum und versuchte eine Einigung der beiden protestantischen Eonfefsionen. Vor der Gottesgelehrsamkeit hatte er hohe Achtung, vor den andern Wissenschaften nur dann, wenn sie praktischen Nutzen hatten. Er ließ Erbanimgs-bücher vertheilen, setzte geistliche Jnspeetoren ein, gab eine neue Kirchenordnung und verordnete, daß in jeder Gemeinde Kirchen-

8. Neue und neueste Geschichte - S. 129

1880 - Dillenburg : Seel
— 129 — Der Beichtvater ries ihm zu: „Sohn des heiligen Ludwig, steige auf zum Himmel!" Da fiel das Beil; ein Henkersknecht ergriff das Haupt und zeigte es dem Volke, das in wilder Wuth schrie: „Es lebe die Nation! Es lebe die Freiheit!" Hüte und Mützen flogen in die Höhe; der entfesselte Pöbel tanzte um das Schaffst. Wohl wurden Versuche gemacht, den Tod des Königs zu rächen, wie zu Toulou und Lyon; aber der Convent erstickte jeden derartigen Versuch in Strömen von Blut; die Gnillotine arbeitete Tag und Nacht; die Nation wurde unter die Waffen gerufen, um jede Möglichkeit eines Erfolges der Königsfreunde auszuschließen. 6. Die Schreckensherrschaft Robespierre's. Die Hinrichtung des Königs hatte bei dem Volke den letzten Rest von Scheu und Ersnrcht vor dem Heiligen und Göttlichen vertilgt; es folgte eine Zeit, die mau versucht ist die Zeit des allgemeinen Wahnsinns zu nennen. Der Erzbischof von Paris erschien in dem Convent und erklärte, das Christenthum sei eine Lüge; ein an- derer Priester schrieb an den Convent, er habe sein Leben lang Lügen gepredigt und fei nun der Sache müde. Das Christenthum wurde förmlich abgeschafft (3. Novbr. 1793); man predigte, es gebe keinen anderen Gott als die Vernunft; das Volk plünderte unter der Anführung von Geistlichen die Kirchen und Klöster und betrank sich ans den Abendmahlsgefäßen. Es wurde ein Vernunftdienst eingerichtet; eine liederliche Frauensperson, mit einem himmelblauen Gewände bekleidet und mit der rothen Jacobiner-: mütze aus dem Kopfe, wurde auf einem Wagen in der Stadt ; umhergefahren und als Göttin der Vernunft ausgerufen. ^Der Kampf der Parteien unter einander wurde immer heftiger: 1 ^ vmcobiner überwältigten die gemäßigten Girondisten, welche sfast sämmtlich unter der Guillotine fielen; auch den Herzog von ^Orleans, der sich „Bürger Gleichheit" nannte, um den Jacobinern ;,zu schmeicheln, ereilte das Verhängnis. Um allein regieren zu Ifönnen, ließ Robespierre auch Danton, ein Haupt des Convents, ihinrichten. Der Liebling des Pöbels, Marat, wurde durch ein 'Mädchen aus der Normandie, Charlotte Corday*), ermordet; aaber der Plan, dadurch bessere Zeiten herbeizuführen, wurde nicht erfüllt. Am 16. Oetober 1793 mußte auch die Königin Marie ^Antoinette das Blutgerüst besteigen. Trotz alles Schreckens, den Mobespierre verbreitete, oder vielleicht wegen desselben sah er *) spr. Cord äh. Hop?, Lehrbuch, Iii. 9

9. Neue und neueste Geschichte - S. 132

1880 - Dillenburg : Seel
— 132 — Wö llner (Zedlitz war auf Betreiben einiger Günstlinge entlassen worden) erließ er ein Religio ns edi et, welches den Geistlichen zur strengsten Pflicht machte, nur nach den kirchlichen Grundwahrheiten zu lehren, für das Zuwiderhandeln die Strafe der Entlassung aus dem Amte androhte und eine strenge Überwachung der Geistlichen und Lehrer anordnete. Dieses Ediet ries großen Widerspruch hervor; man klagte über Glanbenszwang und Entziehung der Gewissensfreiheit; die Absicht, das Bekenntnis zu schützen und die Sittlichkeit zu heben, wurde nicht erreicht, um so weniger, als Friedrich Wilhelm auch nicht auf Sittenreinheit an seinem Hose drang. b. Auswärtige Politik. Krieg gegen Frankreich. Friedrich d. Gr. hatte seinem Lande eine allerwärts geachtete Stellung erworben; an seinem Nachfolger war es nun, dieses Ansehen zu erhalten. Friedrich Wilhelm fühlte diese Verpflichtung, denn von Anfang seiner Regierung an war er bedacht, den Einfluß Preußens zu erhalten und zu verstärken. Als sein Schwager, der Prinz von Oranien, von der republikanischen Partei in Holland bedrängt wurde, ließ der König ein Heer in Holland einrücken, so daß der Prinz von Oranien wieder nach Holland zurückkehren konnte. Darauf schloß Friedrich Wilhelm mit England und Holland ein Bündnis gegen Rußland und Oestreich, welche gemeinschaftlich Krieg gegen die Türkei führten, um dieselbe zu vernichten; durch Preußen blieb die Türkei erhalten. Unterdessen war in Frankreich die Revolution ausgebrochen; das Ausehen des Königthums sank immer mehr, alle Grundlagen eines geordneten Slaatswesens wurden vernichtet. Da die deutschen Fürsten fürchteten, die Revolution möchte sich auch diesseits des Rheins erheben und weil ferner Marie Antoinette eine Schwester des deutschen Kaisers war, so verbündeten sich Preußen und Oestreich, um die alte Verfassung und die königliche Gewalt in Frankreich wieder herzustellen; bestärkt wurden beide Mächte in ihrem Vorhaben durch französische Emigranten, welche behaupteten, daß die meisten Bewohner Frankreichs treue Anhänger des Königthums seien und sich wie ein Mann erheben würden, wenn ein deutsches Heer zu Hülfe käme. Um feinen Feinden zuvorzukommen, erklärte Frankreich an Oestreich den Krieg; gegen Preußen sprach es die Erwartung aus, daß es in Erkennung seiner wahren Interessen sich vom Kriege ferne halten werde; die Antwort hierauf war die Kriegserklärung Preußens. Die preußischen Officiere zehrten

10. Neue und neueste Geschichte - S. 173

1880 - Dillenburg : Seel
thauen erstreckte sie sich. So wandte der König seine ungetheilte Aufmerksamkeit dem Schulwesen zu. Die beiden Hochschulen Witteuberg und Halle wurden zu einer großen Universität unter dem Namen Halle-Wittenberg vereinigt, eine neue Universität in Bonn gegründet. Im Jahre 1817 wurde für die kirchlichen Angelegenheiten, für die Schulsacheu und für das Mediciualwefen ein eigenes Ministerium errichtet. Dasselbe verordnete sofort die allgemeine Schulpflichtigkeit und befahl, daß kein Kind konfirmirt werden solle, das nicht die nothwendigsten Schulkeuutnisse auf-weisen könne; die Prüfung für Lehrer an den Volksschulen wurde verschärft, und zur Ausbildung von Lehrern errichtete man Seminarien, in welchen die Bestrebungen deutscher Pädagogen auf Verbesserung der Unterrichtsmethode, besonders die des Schweizer Pädagogen Pestalozzi volle Beachtung fanden. Durch diese umfassende Sorgfalt für die Volksbildung hob sich das Schulwesen Preußeu's bald in schönster Weise; es sand Anerkennung im Auslande, indem öfter Beamte anderer Staaten nach Preußen kamen, um dessen Schulwesen kennen zu lernen. In Betreff der kirchlichen Angelegenheiten war es ein Herzenswunsch des Königs, die beiden evangelischen Konfessionen zu einer evangelischen Kirche vereinigt zu sehen. Bei der Konfirmation des Kronprinzen im Jahre 1813 äußerte er zu den anwesenden Geistlichen beider Confessionen: „Da stehen Sie nun als Brüder zusammen, verkünden ein Evangelium des Friedens und sind doch von einander getrennt durch die Confeffion; die einen nennen sich lutherisch, die andern resormirt. Sollten mit einander verbunden werden." Als im Jahre 1817 die Gedenkfeier des Reformations-aufauges nahte, gab er in einem längeren Erlasse seinem Wunsch nach Vereinigung der Lutheraner und Reformirten zu einer Kirche öffentlich Ausdruck, wies darin darauf hin, daß dieselbe im Geiste des Christenthums Grund und Nahrung finde, daß sie den kirchlichen Sinn fördere und daß sie von den Reformatoren gewollt fei. Er selbst ging mit gutem Beispiele voran, indem er die bisherige lutherische Hosgemeinde mit der reformirten vereinigte und diese Vereinigung durch den gemeinschaftlichen Genuß des heiligen Abendmahles besiegelte. Da der König niemand zwingen wollte, sondern die Vereinigung aus freier Ueberzeugung und religiösem Gefühl wünschte, so fand sein Wunsch und sein Beispiel vielfach freudige Aufnahme, wiewohl sich auch gleich anfangs widerstrebende Stimmen hören ließen. So batirt die preußische Union vom 31. October 1817. Als Friedrich Wilhelm später als Formular 1817
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